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Die Reformation in Hernals:
Studenten, fahrende Handwerker und Kaufleute brachten die Kunde von Luther und seiner Lehre nach Österreich. Bücher (die Buchdruckerkunst war eben aufgekommen) sorgten für die Verbreitung der reformatorischen Erkenntnisse. Der Boden in unserem Lande war dafür bereit; bereitet vor allem durch den Humanismus, der den Menschen die Augen für die Gebrechen der Kirche geöffnet hatte. So ist die Saat der Reformation verhältnismässig rasch und stark aufgegangen. Was viele schon heiss ersehnt hatten fanden sie in Luthers evangelischer Verkündigung verwirklicht.
Da war es vor allem Hernals, das bald eine Zufluchtsstätte ja zeitweise eine Hochburg des Protestantismus in Niederösterreich wurde. Pfarrer Georg Schwaiger, der zur Zeit des Türkeneinfalles 1529 Pfarrer in Hernals war, schloss sich der Lehre Luthers an. Die Grundherrschaft des Ortes, die 1530 von Graf Roggendorf auf Dr. Simon Geyer überging, hielt, wie der österreichische Adel, weithin, seine Hand schützend über die neue Bewegung. Von da an wurde die Lehre Luthers und ihre Ausbreitung im Umkreis der Besitzungen der Herren von der Als, Geyer von Osterburg, gefördert. Der Gelehrte Dr. Simon Geyer hatte sich bald nach dem öffentlichen Auftreten Luthers dem evangelischen Glauben angeschlossen und stand, trotz seines Bekenntnisses, bei Kaiser Ferdinand I. in hoher Gunst und genoss eine besondere Vormachtstellung. Sonst aber war der Kaiser ein Feind der Reformation. Zur Abschreckung der Wiener vor der neuen Lehre hatte er 1524 den angesehenen Bürger und Hausbesitzer Kaspar Tauber als "hartnäckigen, todeswürdigen Ketzer" auf dem Erdberg vor dem Stubentor enthauptet und seinen Leichnam verbrennen lassen.
Der adelige Gutsherr von Hernals, gestützt auf seine Patronatsrechte, besetzte auch weiterhin die geistliche Stelle, seine Kirche mit Prädikanten, wie die evangelischen Prediger genannt wurden. 1548 wird Simon Hackl als "Diener am Wort" erwähnt, und Hernals ist der Mittelpunkt der evangelischen Bewegung in Niederösterreich.
Unter den Nachfolgern Dr. Simon Geyers bekannten sich beinahe alle Bewohner von Hernals zum evangelischen Glauben, von 1548 bis 1625 war die katholische Seelsorge, da es nur wenige katholische Hernalser gab, den Pfarrern von Ottakring und Dornbach anvertraut.
Kaiser Ferdinand der I. hatte dem Adel gegenüber gebundene Hände. Er brauchte immer wieder Steuergelder und Soldaten gegen die Türken, und die evangelischen Herren und Ritter bewilligten die Forderungen nur dann, wenn sie in kirchlichen Dingen unbehelligt blieben.
Kaiser Maximilian II.:
Die große Hoffnung, die die Evangelischen auf Kaiser Maximilian II. gesetzt hatten, erfüllte sich nur zum Teil. Wohl gewährte er durch die Religionskonzession vom 18. August 1568 den Herren und Rittern in Niederösterreich die Ausübung des evangelischen Gottesdienstes nach den Bestimmungen des Augsburgischen Bekenntnisses auf ihrem Grund und Boden und gestattete auch die Abhaltung lutherischer Predigten im Niederösterreichischen Landhaus in Wien, Herrengasse 13, aber eine öffentliche Kirche in der Hauptstadt verweigerte der Kaiser. Die freie Religionsausübung war nur Adelsvorrecht. Da aber die Bürger von Wien in ihrer Gewissensfreiheit nicht behelligt wurden, wenn sie den evangelischen Gottesdiensten des Herren- und Ritterstandes beiwohnten, strömten viele von ihnen in noch stärkerem Maße als bisher zu den evangelischen Gottesdiensten nach Hernals. Hernals ist zu dieser Zeit ein "Nest des Luthertums und eine kleine Republik".
Rudolf II.:
Nach dem Tode des Protestantenfreundes Maximilian II. begann unter Rudolf II. der Kampf gegen Luthers Lehre. Der Kaiser verbot der Wiener Bürgerschaft die Beteiligung an evangelischen Gottesdiensten und erliess die Verfügung die evangelische Kirche von Hernals "unweit Wien" sperren. Da die Kirche geschlossen war, stellte die Familie Geyer in ihrem Schloss einen Saal für gottesdienstliche Zwecke zur Verfügung. Der Zulauf zu den evangelischen Gottesdiensten wuchs in der folgenden Zeit so an, dass der Saal zu klein wurde und der Erker des Schlosses zur Kanzel wurde. Drei Prediger verkündigten eine Zeitlang nebeneinander das "lautere Wort Gottes".
Die Blütezeit des Protestantismus in Hernals:
Während des Bruderzwistes im Hause Habsburg erlangten die Evangelischen durch Matthias, den Bruder Kaiser Rudolfs in der Kapitulationsresolution das "freie Religions-Exerzitium". Zu Tausenden zogen die Wiener nicht nur zu Fuß, sondern auch mit Wagen und zu Ross allsonntäglich zum "Kirchengang" nach Hernals.
Aber schon drohte das Unheil. Kaiser Matthias starb am 20. März 1619 und nach ihm knickte und vernichtete der Raureif des Todes die herrliche Blüte des evangelischen Lebens in Hernals und ganz Österreich.
Die Gegenreformation in Hernals:
Der neue Kaiser hatte gelobt in seinen Erblanden die unumschränkte Herrschaft der katholischen Kirche wiederherzustellen und scheute auch vor scharfen Mitteln nicht zurück, um das Gelöbnis zu verwirklichen.
Der grosse Zustrom zu den Gottesdiensten war natürlich ein Gräuel für die katholischen Machthaber, die daraus ersehen konnten, wie groß der Anhang der so verhassten "Ketzerlehre" war. Am 22. April 1625 wurde das Urteil gegen Helmhardt von Jörger kundgetan: Er wurde am Leben gelassen, aber aller seiner Güter für verlustig erklärt und Hernals dem Domkapitel zuerkannt. Weiters besagte das Urteil: Die lutherischen Prediger müssen das Land verlassen, da sie sonst, so man sie findet, "gebunden nach Wien geliefert, an Karren geschmiedet und zum Festungsbau verurteilt werden sollen."
"credere aut catholice credere":
Die Hernalser wurden durch Kommissionen in kaiserliche Pflicht genommen: Wer dem Protestantismus nicht entsagt, muss das Land verlassen.
Die Rekatholisierung wurde unter härtesten Massregeln durchgeführt, das kaiserliche Machtgebot "credere aut catholice credere" (entweder katholisch glauben oder das Land verlassen) mit aller Energie gehandhabt. Viele Hernalser verliessen daraufhin das Land.
Ein behördlicher Auftrag befahl den Ärzten, evangelischen Kranken, die sich sträubten, einen katholischen Priester zu rufen und sich die Sterbesakramente reichen zu lassen, die Hilfe zu verweigern und schon begonnene Kuren einzustellen. Im Jahr 1627 wurde die zwangsweise Entfernung aller evangelischen Geistlichen in Niederösterreich angeordnet und das Lesen "ketzerischer" Bücher mit Strafe bedroht. In Folge wurden Buchhändler und Privathäuser nach verbotenen Schriften durchsucht und alle irgendwie anstössigen Bücher und Schriften konfisziert und verbrannt.
Im April 1628 erfolgte ein Verbot evangelische Amtsleute und Pfleger zu bestellen, am 17. Juni wurden die Landstände angewiesen, alle jene ihrer Beamten, die sich nicht binnen drei Monaten zum Katholizismus bekennen würden, unweigerlich aus dem Dienst zu entfernen und die Stellen mit Katholiken zu besetzen.
Am 13. April 1629 erschien ein Mandat an den evangelischen Adel Niederösterreichs, das besagte, dass jeder geadelte sowie jeder gemeine Mann bis zu unserer lieben Frau Himmelfahrt (25. August) unfehlbar zur Beichte und zum Empfange des heiligen Sakramentes nach katholischem Brauch sich in seiner Pfarre einzustellen habe, und jeder ungehorsame oder sich widersetzlich Erzeigende sofort bei der Regierung zu weiterem ernstlichen Einschreiten namhaft gemacht werden sollte.
1630 erging die strenge Verordnung zum Besuch der katholischen Kirche.
1668 wurde in Hernals die öffentliche Strassenbeleuchtung eingeführt, dafür aber war das Licht des reinen Evangeliums erloschen.
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Quelle: 60 Jahre Lutherkirche von OKR. Prof. Mag. Jakob Wolfer
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